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Schreibgruppen: Gemeinsam schreiben

von Ursula Göth

Eine Schreibgruppe besteht aus Menschen, die sich regelmäßig treffen, um sich über Schreibprozesse und Texte, die sie selbst schreiben auszutauschen.

Schreiben ist in der Regel eine einsame Angelegenheit. Erst in der Endphase einer Textproduktion greift man eventuell auf Hilfe von außen, insbesondere zum Korrekturlesen, zurück. Es ist schwer, einen unfertigen Text anderen zu zeigen und ihn ihrer Kritik auszusetzen. Wenige Menschen wagen es, über Schwierigkeiten beim Schreiben mit anderen zu sprechen. In einer Schreibgruppe kann man solche Schwierigkeiten gemeinsam angehen.

Worum geht es?

In einer Schreibgruppe schließen sich Menschen zusammen, die schreiben wollen oder müssen. Eine Schreibgruppe ist ein Arbeitsteam, in dem sich die Mitglieder gegenseitig bei ihren Schreibvorhaben unterstützen. Es gibt bestimmte Regeln, damit die Gruppe effektiv und vertrauensvoll arbeiten kann.

Vorteile von Schreibgruppen

  • Eine Schreibgruppe bietet die Möglichkeit, konsequent an der Verbesserung der eigenen Schreibfähigkeiten zu arbeiten. Die Teilnahme am Team verbessert die Selbstdisziplin und erleichtert die Verwirklichung des Grundsatzes: Schreiben lernt man nur durch Schreiben.

  • In einer Schreibgruppe lernt man andere Herangehensweisen kennen und kann von ihnen lernen.

  • Eine Schreibgruppe hilft bei der Überwindung von Schreibblockaden. Schon wenn man erkennt, dass sich auch andere mit dem Schreiben schwer tun und ihre Texte nicht aus dem Ärmeln schütteln fällt das Schreiben leichter.
    Eine Schreibgruppe bietet Networking, den Kontakt zu anderen Schreibern und die Möglichkeit, sich im gegenseitigen Unterstützen zu üben.

Was es für eine Schreibgruppe braucht...

Einige Voraussetzungen müssen vorhanden sein, damit eine Schreibgruppe gut arbeiten kann:

Eine passende Gruppe von Schreiberlingen...

Für eine Schreibgruppe müssen sich Menschen zusammenfinden, die bereit sind, sich aktiv mit dem Schreiben zu befassen und einige Zeit mit der Gruppe zusammenzubleiben.
Gruppenklima: Sehr wichtig ist es, dass in der Gruppe eine vertrauensvolle Grundstimmung geschaffen wird. Die Teilnehmer müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Schreibversuche nicht niedergemacht werden, sondern in konstruktiver und hilfreicher Weise diskutiert werden. Nur dann können sie auch unfertige Texte zur Diskussion stellen und um Rat bitten und Rat geben. Respektvoller Umgang miteinander und den Texten der Gruppenmitglieder ist die Basis für ein Gelingen der Gruppe.
Commitment: Dieses englische Wort kann auf Deutsch nur unzulänglich mit "Verpflichtung" wiedergegeben werden. Es bedeutet, dass sich die Teilnehmer ganz bewusst und sicher für eine Teilnahme an der Gruppe entscheiden und nicht nur halbherzig oder "irgendwie" in der Gruppe mitmachen. Die Teilnehmer müssen sich klar darüber sein, dass die Gruppe kein Konsumangebot ist, sondern von der aktiven Mitarbeit aller Mitglieder lebt. Deshalb muss jeder Teilnehmer klar sagen, wie viel Zeit und Arbeit er bereit ist, in die Gruppe zu investieren.
Offenheit für Neues: Es gibt viele Methoden und Wege, sich dem Schreiben spielerisch zu nähern. Die Mitglieder sollten bereit sein, jede Methode zunächst praktisch zu erproben, bevor sie entscheiden, ob es eine für sie geeignete Methode ist oder nicht, auch wenn manche Aktivitäten auf den ersten Blick nicht direkt zum Ziel führen.

Einen Raum wo man sich treffen kann...


Am besten geeignet ist ein Raum mit Tischen, an denen man gut schreiben kann, auch auf großen Papierbögen. Eine Tafel oder ein Flipchart sollten auch vorhanden sein.

Ein gemeinsames Ziel...


Die Teilnehmer sollten ähnliche Schreibvorhaben verfolgen, wenn die Textarten zu weit auseinanderliegen verzettelt sich sonst die Gruppe. Das heißt nicht, dass in einer Schreibgruppe zum wissenschaftlichen Schreiben nur Studierende einer Fachrichtung sein können. Oft ist es sehr anregend, die Schreibweisen anderer Fächer kennen zu lernen.

Praktische Tipps für die Gründung einer Schreibgruppe

  • Überlegen Sie zunächst wie groß die Gruppe sein soll und wie Sie potentielle Mitstreiter finden können. Machen Sie einen Aushang, fragen Sie Freunde und Bekannte, oder die Kommilitonen in einem Seminar?
  • Fragen Sie sich, was Ihre persönlichen Ziele sind, die Sie mit einer Schreibgruppe verbinden. Machen Sie diese Überlegung schriftlich.
  • Überlegen Sie wie oft sich die Gruppe treffen soll. Einmal wöchentlich wäre ein guter Rhythmus, man kann aber auch alle zwei Wochen ein reales Treffen machen und zwischendurch per Email kommunizieren. Wenn Sie in Ihrer Nähe niemand finden, der eine Gruppe mitgründet, können Sie alternativ auch eine Schreibgruppe im Internet gründen, z.B. mit Hilfe einer Mailingliste oder in einem Diskussionsforum.
  • Wo könnte sich die Gruppe treffen? Gut wäre diese Ausstattung: Flipchart oder Tafel, Pinwand, hell, Möglichkeit Musik laufen zu lassen, Tische zum Schreiben, Papier, Stifte usw.
  • Falls Ihre Gruppe mehr als vier Teilnehmer hat sollte es auf jeden Fall einen Leiter oder eine Leiterin geben, toll ist es natürlich, wenn sich die Gruppenmitglieder dabei reihum abwechseln. Auch wenn die Gruppe kleiner ist, ist es nützlich, wenn jemand dafür zuständig ist, dass die Regeln (s.u.) und die Struktur eingehalten werden. Was der Leiter/die Leiterin zu tun hat, wird noch genauer beschrieben.

Das erste Treffen

Überlegen Sie ein Programm für das erste Treffen. Es soll auf jeden Fall Spaß machen und ein erstes Erfolgserlebnis bringen, damit Ihre Mitstreiter dann auch dabei bleiben. Sie könnten in etwa diesem Programm folgen:

1. Die Teilnehmer stellen sich vor und sagen, was sie sich von der Schreibgruppe versprechen. Bei einer Zieldefinition ist es immer gut, ein paar Vorgaben zu machen (z.B. auf dem Flipchart oder der Tafel schon vorbereiten)

  • Jede/r Teilnehmer/in soll fünf Ziele nennen
  • Jedes Ziel soll positiv formuliert sein (nicht: ich will nicht mehr vor einem leeren Blatt sitzen, sondern: ich will Blätter füllen)
  • Jedes Ziel soll möglichst konkret formuliert sein (nicht: ich will irgendwas schreiben), sondern: ich will bis zum (Datum) eine Arbeit zum Thema Y mit X Seiten schreiben/ich will ein wissenschaftliches Journal schreiben und einmal wöchentlich meine dort gesammelten Ideen und Eindrücke durchgehen)
  • Die Ziele sollen erreichbar sein (Ökologie-Check): "ich will in vier Wochen eine Diplomarbeit mit 150 Seiten schreiben" - das dürfte fast niemanden gelingen.
  • Es dürfen natürlich mehr als fünf Ziele sein - aber nicht zu viele.

2. Schreibbiografien erforschen
Als Einstieg in die Auseinandersetzung mit dem Schreibprozess bietet sich die Beschäftigung mit der eigenen Schreibbiografie an. Drei Möglichkeiten dazu:

  • Jeder Teilnehmer nennt drei bis fünf negative Schreiberfahrungen und versucht möglichst genau zu sagen, was dran negativ war, dann drei bis fünf positive Erfahrungen (bitte die Reihenfolge - erst die negativen, dann die positiven einhalten, das gibt eine bessere Grundstimmung).
  • Jeder versetzt sich mal in die Rolle seines eigenen Schreibtisches oder Schreibplatzes und beschreibt aus dessen Sicht die letzte größere Schreibarbeit. Beginnen Sie etwa so: "Ich bin der Schreibtisch von ... Neulich hat er/sie etwas geschrieben....." Geben Sie 10-15 Minuten Zeit und lesen Sie dann die Texte vor und diskutieren Sie darüber.
  • Zeichnen Sie eine Zeitlinie und markieren Sie wichtige Zeitpunkte in Ihrer Schreibbiographie, z.B. das Schreiben lernen, erste eigene Texte, wichtige Erfahrungen. Vergleichen Sie Ihre Linie mit denen der anderen Mitglieder und entdecken Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

3. Sie sollten - schriftlich - Regeln für die Gruppe festlegen, v.a. in Bezug auf Feedback. Erhöhen Sie die Verbindlichkeit dadurch, dass Sie einen kleinen Vertrag miteinander schließen, etwa so:

Als Mitglied der Schreibgruppe "Rasende Tasten" verpflichte ich mich,

  • Regelmäßig an den Treffen teilzunehmen und nur aus wichtigem Grunde fernzubleiben. Dies teile ich den anderen Mitgliedern rechtzeitig mit.
  • Das geistige Eigentum anderer zu achten und zu respektieren und Texte nicht ohne Einwilligung des Autors weiterzugeben oder für mich oder andere zu verwenden.
  • Ich respektiere die Texte von anderen und übe keine persönliche oder unsachliche Kritik an Texten oder Personen. Ich gebe Feedback immer in der ich-Form ("ich empfinde den Text als schwierig", nicht: "der Text ist total kompliziert" oder: "du hast den Text viel zu kompliziert geschrieben"). Ich bemühe mich, dazu beizutragen, Texte zu optimieren.
  • Wenn mich etwas in der Gruppe stört, teile ich das der Gruppe mit und wir suchen gemeinsam eine Lösung

Das sind nur Vorschläge, Sie können und sollen sich natürlich eigene Regeln überlegen, mit denen alle Mitglieder einverstanden sind.

4. Vereinbaren Sie eine bestimmte Struktur für die folgenden Sitzungen, z.B.

  • Einführung: stimmen Sie sich gemeinsam kurz auf die Sitzung ein, indem z.B. der Leiter oder die Leiterin kurz formuliert, warum man zusammengekommen ist und was heute auf dem Programm steht
  • Erinnern Sie sich an die letzte Zusammenkunft, was hatten sich die einzelnen TeilnehmerInnen vorgenommen und was wurde umgesetzt?
  • Gemeinsames Schreibaktivitäten
  • Gemeinsamer Umgang mit Texten, z.B. Umschreiben, Vorlesen, Feedback geben, optimieren
  • Jeder Teilnehmer sagt, was er bis zur nächsten Sitzung an Zielen erreichen will.
  • Planung der nächsten Zusammenkunft, Festlegung der Leitung

5. Aufgaben des Leiters/der Leiterin:

  • auf Zeitlimits achten
  • alle zu Wort kommen lassen
  • Konflikte ansprechen
  • Übungen auswählen und vorbereiten
  • Zusammenfassung am Ende und Festlegen des Programms und Leiters für die nächste Sitzung
  • Wenn Schwierigkeiten auftreten, nicht gleich die Gruppe aufgeben, sondern die Probleme zum Thema machen, gemeinsam bearbeiten. Dieses Vorgehen vorher schon vereinbaren, s. Regeln für Gruppe.

6. Aktivitäten für Schreibgruppen

Gemeinsame Textaneignung: Lesen Sie gemeinsam Texte und schreiben Sie Kommentare, Zusammenfassungen, Statements dazu. Vertreten Sie kontroverse Standpunkte, setzen Sie Texte in Mindmaps oder andere grafische Darstellungen um.

Wissens-ABC: Erstellen Sie gemeinsam ABC-Listen zu einem Thema. Legen Sie also das Thema fest und finden Sie dann zu jedem Buchstaben des Alphabets einen Begriff, der mit dem Thema zu tun hat. Schreiben Sie dann einen Text, der alle diese Begriffe enthält. Diese Technik ist sehr gut zur Prüfungsvorbereitung geeignet.

"Übersetzung": Übersetzen Sie gemeinsam schwierige Texte in allgemeinverständliche Sprache.

Brainstorming: Wenn Sie Ideen für ein bestimmtes Thema brauchen, machen Sie ein gemeinsames Brainstorming in der Gruppe. 10-20 Minuten lang werden alle Ideen, egal wie verrückt oder abwegig, aufgeschrieben. Im zweiten Schritt kann die Gruppe dann diskutieren, welche Ideen umgesetzt werden sollen.
In meinem Newsletter gebe ich immer wieder Schreibanregungen, die auch für Gruppenarbeit geeignet sind.

Eine Abonnentin hat bereits eine Schreibgruppe gegründet, Informationen dazu finden Sie hier: http://www.mysticcave.de/writers.html

Literaturhinweise

Es gibt noch kein spezielles Buch für Schreibgruppen, Sie finden aber Anregungen für Aktivitäten in Schreibgruppen in folgenden Büchern:

Lutz von Werder: Lehrbuch des kreativen Schreibens, Milow:Schibri 2001

Otto Kruse: Keine Angst vor dem leeren Blatt. Ohne Schreibblockaden durchs Studium, Frankfurt:Campus, 2000.

Gerda Marie Pogoda: Kreativ Schreiben von der Idee zum Text, Landsberg:mvg, 2000.

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