Das wissenschaftliche Journal
von Ursula Göth
Leonardo da Vinci führte eines, Albert Einstein führte eines,
Goethe.... Bei vielen überdurchschnittlich kreativen Menschen findet
man Notiz- oder Tagebücher, in denen sie Einfälle festgehalten
haben, Skizzen, Pläne und vieles mehr. Auffällig viele Genies
waren überaus fleißige Schreiber, die auch in Briefen an Angehörige
ausführlich ihre Gedanken darlegten. Man schätzt, dass nur etwa
1 % der Bevölkerung regelmäßig Briefe, Tagebücher,
Reisebeschreibungen und ähnliches schreibt - aber auffällig
viele Wissenschaftler, Künstler und Staatsmänner tun das. Nun
denken Sie vielleicht zunächst, ja Kunststück, die waren ja
auch berühmt, die hatten ein interessantes Leben und viel zu sagen
- nur: in der Regel haben diese Menschen schon in ihrer Kindheit oder
Jugend mit dem Schreiben angefangen, lange bevor sie wußten, dass
sie einmal berühmt werden würden. Wim Wenger ist der Meinung
, dass dieses Schreiben nicht Ausdruck eine drängenden Geistes oder
eines aufgeblähten Egos war, sondern ein "Mechanismus, durch
den Menschen, die nicht als Genies zur Welt gekommen waren, unbewußt
einen überlegenen Intellekt nährten und aktivierten". (Wim
Wenger/Richard Poe, Der Einstein Faktor, VAK Verlag, 1997).
Was meinen Sie, es wäre doch einen Versuch wert, Ihre eigenen wissenschaftlichen
Fähigkeiten durch das Führen eines wissenschaftlichen Journals
auszubauen und weiter zu entwickeln? Im folgenden gebe ich Ihnen einige
Tipps dazu:
Was soll in das Tagebuch geschrieben werden?
In Ihr wissenschaftliches Tagebuch können Sie alles hineinpacken,
was mit Ihrem Studium zu tun hat. Sie können
· Seminarsitzungen in Form von kurzen Skizzen festhalten
· Fragen notieren, die Sie später nachschlagen wollen
· die Antworten dazu aufschreiben und kommentieren
· Ideen für eigene Schreib- oder Forschungsprojekte festhalten
· Literaturhinweise notieren
· Zeitungsausschnitte sammeln
· Auch Ihr Semesterplan oder Planungen für einzelne Schreibprojekte
finden im Journal ihren Platz
Regelmäßige Notizen in Ihrem Tagebuch führen im Lauf
der Zeit zu einem ganz persönlichen Wissenspool, auf den Sie jederzeit
zurückgreifen können. Je mehr Sie hineinschreiben, desto umfassender
wird natürlich auch Ihr Pool, das wichtigste aber ist, dass Sie sich
überhaupt Notizen machen und dass Sie dies regelmäßig
machen und auch regelmäßig Ihr Tagebuch durchlesen.
Welche äußere Form soll das Tagebuch haben?
In welcher Form Sie das Tagebuch führen, sollten Sie aufgrund Ihrer
persönlichen Gewohnheiten und Vorlieben entscheiden. Wenn Sie Loseblattsammlungen
nicht ausstehen können, weil immer etwas verloren geht, nehmen Sie
ein gebundenes Buch (unlinierte Bücher haben den Vorteil, dass Sie
das Buch auch für Mindmaps oder Cluster gut verwenden können;
oder Sie legen solche Skizzen als loses Blatt bei). Ein Ringbuch bietet
natürlich die größte Flexibilität. Sie können
ganz nach Zweck linierte, karierte oder weiße Blätter verwenden.
Wenn Sie jeden Buchhinweis auf ein extra Blatt schreiben, können
Sie die einzelnen Blätter je nach Bedarf ordnen: nach Thema, nach
Standort, nach Autor...
Als Format halte ich A5 für sehr praktisch. Man hat Platz, und dennoch
passt so ein Ringbuch noch in jede Tasche, denn Sie sollten Ihr Tagebuch
möglichst immer bei sich haben.
Das wissenschaftliche Tagebuch kann natürlich auch elektronisch,
mit PC oder Palm Top geführt werden. Allerdings ist es immer umständlicher,
einen Palm einzuschalten usw. als ein Stück Papier und einen Stift
zu Hand zu nehmen.
Es gibt nicht eine richtige Art, ein wissenschaftliches Journal zu führen,
richtig ist die Art, die zu Ihnen passt und die es Ihnen leicht macht,
das Journal regelmäßig zu nutzen. Probieren Sie verschiedene
Arten aus und entdecken Sie, was am besten zu Ihnen passt.
Anregungen für das Journal:
1. Einstieg in das Journalschreiben
Überlegen Sie - jetzt - welche Form von Tagebuch für Sie in
Frage kommt und schreiben Sie darüber Ihren ersten Eintrag. Sie können
sich an folgenden Fragen orientieren:
Haben Sie bereits ein Tagebuch? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
In welcher Form werden Sie Ihr Tagebuch führen? Scheint Ihnen etwas
daran schwierig zu sein? Was könnte es Ihnen persönlich nützen,
so ein Tagebuch zu führen?
Fragen Sie auch andere Studenten, ob sie so etwas haben oder sich vorstellen
könnten, dass es nützlich wäre.
2. Ein Schreibtisch erzählt
Schildern Sie die Entstehungsgeschichte Ihrer letzten größeren
wissenschaftlichen Arbeit - aus der Perspektive Ihres Schreibtisches.
Der Perspektivenwechsel hilft Ihnen, alle Aspekte Ihres Schreibprozesses
zu entdecken und bewußt zu machen. Beginnen Sie mit:
"Ich bin der Schreibtisch von .... und möchte Ihnen erzählen,
wie ..... bei ihrer letzten Hausarbeit vorgegangen ist...."
3. Schreiberfahrungen:
Machen Sie eine Liste aller Texte, die Sie bisher geschrieben haben.
Welche Erfahrungen haben Sie beim Schreiben dieser Texte gemacht?
4. Schreibideen
Machen Sie eine Liste der Texte, die Sie schreiben wollen - oder müssen.
5. Erkenntnisinteresse stärken
Sammeln Sie Themen, über die Sie mehr lernen wollen. Warum wollen
Sie das Thema bearbeiten? Wo können Sie anfangen? Wer kann Ihnen
etwas darüber erzählen? Welchen Schritt werden Sie als erstes
tun?
6. Seminarreflexionen
Beschreiben Sie Ihre Erfahrungen in den Seminaren, die Sie bisher besucht
haben. Was war spannend, was war weniger interessant? Was hat Ihnen ein
bestimmtes Seminar gebracht? Würden Sie es noch einmal besuchen?
Wenn Sie mit einem Seminar unzufrieden waren, woran lag das?
Wenn Sie erst einmal in Schwung gekommen sind, wird sich Ihr Tagebuch
ständig immer mehr füllen. Gehen Sie es dann regelmäßig
systematisch durch, suchen Sie nach unbeantworteten Fragen, ordnen Sie
Literaturhinweise, übertragen Sie wichtiges vielleicht in den PC,
überprüfen Sie, wie weit Sie Ihre Pläne erfüllen.
Sie werden nicht nur einen besseren Überblick über Ihr Studium
erhalten, sondern auch Ihre Schreibfähigkeiten entscheidend verbessern.
Im Newsletter von Schreibtutorial finden Sie oft Schreibanregungen, die
für das wissenschaftliche Journal geeignet sind.
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